Inspiriert von einigen Tweets von Tarik Abou-Chadi sowie einem Artikel von Daniel Oesch und Line Rennwald aus dem Jahr 2018 habe ich basierend auf Daten aus der neusten Runde des European Social Survey (noch mehr) Daten darüber herauspräpariert, wer AfD wählt und wer nicht. Dabei handelt es sich nicht um Ergebnisse eingehender statistischer Analysen, sondern lediglich um einen deskriptiven Überblick. Die Daten zeigen einmal mehr, dass AfD-Wähler_innen sich in erster Linie nicht durch einheitliche soziodemographische Merkmale (ökonomische Situation, Alter etc.), sondern vor allem durch ihre politischen Positionen zu einigen wenigen Themen auszeichnen, insbesondere durch die Ablehnung von Migration und in geringerem Maße durch die Ablehnung von europäischer Integration. Diese Einstellungen sind unter Produktionsarbeiter_innen am weitesten verbreitet, wo auch die AfD am stärksten abschneidet. Jedoch bieten die Daten wenig Evidenz dafür, dass linke Parteien viel gewinnen könnten, indem sie sich soziokulturell eher in Richtung des Pols traditionell-autoritär-national orientieren, wie einige fordern. Es gibt eine für „Rückgewinnungs“-Aktionen demokratiepolitisch wesentlich relevantere Gruppe als die AfD-Wähler_innen, nämlich die Nichtwähler_innen – und diese sind zwar im Mittel etwas weniger progressiv als der gesellschaftliche Durchschnitt, aber nicht ausgesprochen autoritär eingestellt. (Die hier präsentierten Daten dienen zugleich der Unterfütterung eines Artikels über die Krise der Sozialdemokratie, der in der nächsten Ausgabe des Leviathan erscheint.) „Die Arbeiter_innen, der Autoritarismus und die AfD. Einige Daten aus Runde 9 des European Social Survey“ weiterlesen
Wer mit der Matrjoschka-Puppe spielt, sollte den Kern freilegen. Zur Einordnung der AfD 2020
Eröffnungsstatement auf dem Podium “Parteianalysen” im Rahmen der Tagung Kirche, Theologie und AfD am 17. Januar in Frankfurt
Die AfD sollte heute als rechtsextreme Partei betrachtet[1] und entsprechend politisch ausgegrenzt werden. Auch wenn sich einige Gegenargumente finden, überwiegen in der Gesamtbetrachtung die Argumente für diese Einordnung und diese Strategie. Im Folgenden gehe ich zunächst kurz auf die Entwicklung der AfD ein, skizziere dann ihre derzeitige Situation und begründe schließlich die Ausgrenzungsstrategie. „Wer mit der Matrjoschka-Puppe spielt, sollte den Kern freilegen. Zur Einordnung der AfD 2020“ weiterlesen
Die Gesellschaft, die Rechte, der Ruck und das Hufeisen
Im November habe ich im Tagesspiegel behauptet, dass wir keinen gesellschaftlichen Rechtsruck erleben, um im Dezember dann in der taz darzulegen, warum ich die AfD mittlerweile als rechtsextreme Partei einordne. Auf den ersten Blick besteht zwischen beiden Thesen ein Widerspruch: Wie kann es sein, dass eine im Kern rechtsextreme Partei mit zweistelligen Wahlergebnissen in die Parlamente einzieht, wenn die Gesellschaft nicht nach rechts rückt? In diesem Text erläutere ich, wie beides zusammengeht. „Die Gesellschaft, die Rechte, der Ruck und das Hufeisen“ weiterlesen
Kritik an Cornelia Koppetschs “Gesellschaft des Zorns” und drei weitere Texte im SozBlog
In den letzten zwei Monaten habe ich den SozBlog der Deutschen Gesellschaft für Soziologie bespielt. Dabei habe ich mich vor allem der in fünf einzelne Blogbeiträge unterteilten Kritik von Cornelia Koppetschs Gesellschaft des Zorns. Rechtspopulismus im globalen Zeitalter gewidmet.
Darüber hinaus habe ich für den Blog eine Rezension von Cas Muddes neuem Buch The Far Right Today sowie zwei weitere Texte über das Verhältnis von Rechtspopulismus, Demokratie und Rassismus verfasst. Untenstehend sind alle Links zusammengetragen.
„Unser Geld für unsre Leut‘“. Die „Soziale Frage“ rechtspopulistisch gestellt
Am 25. Mai 2019 hielt ich im Rahmen der Ringvorlesung „Gesellschaft im Stresstest“ in Tübingen gemeinsam mit Matthias Möhring-Hesse einen Vortrag. Ich ging dabei auf die Positionen rechtspopulistischer Parteien zu wirtschafts- und sozialpolitischen Themen ein, er darauf, was es bedeutet „die soziale Frage“ zu stellen, und wie die aktuelle Positionierung der AfD vor dem Hintergrund des deutschen Wohlfahrtsstaats, seiner Struktur und seiner Transformationen zu erklären ist. Der folgenden Text basiert auf dem Manuskript zu meinen Abschnitten der Vorlesung. Die Empirie zeigt, dass die Rechtsparteien in sozioökonomischen Fragen sehr heterogen aufgestellt sind. Dies erkläre ich dadurch, dass sie in diesen Fragen ideologisch flexibel sind, weil ihr Markenkern durch andere, eher soziokulturelle Fragen definiert ist.
„„Unser Geld für unsre Leut‘“. Die „Soziale Frage“ rechtspopulistisch gestellt“ weiterlesen
In einer von extremer Ungleichheit geprägten Welt sollten uns extreme Ungleichheitsideologien nicht überraschen. Über den „Rechtsruck“ und mögliche Gegenstrategien
Am 6. Juli sprach ich im Rahmen des 7. Menschenrechtsfestivals im Kölner Allerweltshaus über den sogenannten Rechtsruck und mögliche Gegenstrategien. Im Folgenden dokumentiere ich mein Manuskript.
Will man diskutieren, welche Strategien gegen den jüngsten Aufstieg der extremen Rechten zu wählen sind und welche nicht, muss man drei Ebenen betrachten: Erstens die Ebene der Ziele, damit man weiß, was man eigentlich will und warum man überhaupt gegen diese Rechte ist; zweitens die Ebene der Ursachen, damit man weiß, wo man ansetzen könnte; drittens schließlich die Ebene der Strategien, damit man weiß, was zu tun ist.
Islamdebatten und antimuslimischer Rassismus. Dilemma, Begriffe und Grenzziehungen
Am 1. und 2. Juli veranstaltete die Bundeszentrale für politische Bildung in Celle eine Tagung mit dem Titel Von Blicken und Brandbomben. Antimuslimischer Rassismus heute, in deren Rahmen ich einen Vortrag hielt. Dabei diskutierte ich, warum antimuslimischer Rassismus heute von besonderer Relevanz ist, warum die Unterscheidung von Rassismus und demokratischer Kritik ein reales Problem darstellt und wie man das Phänomen des antimuslimischen Rassismus begrifflich fassen sollte. Letzteres illustrierte ich am Beispiel der umstrittenen islambezogenen Karikaturen von Franziska Becker. Im Folgenden dokumentiere ich mein ganzes leicht überarbeitetes Manuskript. Wer sich in erster Linie für die Diskussion der Karikaturen interessiert, kann bei Abschnitt 3 mit dem Lesen anfangen, ohne viel zu verpassen.
„Islamdebatten und antimuslimischer Rassismus. Dilemma, Begriffe und Grenzziehungen“ weiterlesen
Das große Jammern. Eine Sammlung konservativ-nostalgischer Tränen, die über den Verfall des Guten in der Gesellschaft vergossen wurden
Ein neues Projekt: In diesem regelmäßig aktualisierten Beitrag sammle ich ab heute Feuilletonbeiträge, in denen der Verlust des Guten in der Welt durch linken und liberalen Aktivismus beklagt wird – sei es, dass die Linke wegen ihrer Identitätspolitik schuld an Trump ist, sei es, dass Gender unsere Sprache verlottern lässt, sei es, dass die Postmoderne die Rationalität kaputtmacht, sei es, dass der arme Westen zu Unrecht immer für seinen (Neo-)Kolonialismus gegeißelt wird, sei es, dass naive Forderungen nach Klimaschutz und Sozialismus die Lehren des Totalitarismus ignorieren, oder sei es, dass übertriebene Forderungen nach sozialen Wohltaten Standort und Fortschritt gefährden. „Das große Jammern. Eine Sammlung konservativ-nostalgischer Tränen, die über den Verfall des Guten in der Gesellschaft vergossen wurden“ weiterlesen
Unfreiheit kann man nicht verbieten, aber bekämpfen
Aktuell werden zwei bzw. drei gegeneinander gerichtete Aufrufe rund um das muslimische Kopftuch bei Minderjährigen diskutiert: Terre des Femmes hat bereits im letzten Sommer eine Petition für ein Verbot des Kopftuchs bei Minderjährigen im öffentlichen Raum gestartet. Diese Woche wurde nun ein Gegenaufruf von rassismuskritischen Pädagog_innen veröffentlicht, den auch ich unterzeichnet habe, obwohl ich zwar der Tendenz nach, aber nicht 100%ig mit ihm einverstanden bin. Nun reagierte Terre des Femmes mit einem zweiten Aufruf gegen den Gegenaufruf. Weil ich allen Beteiligten glaube, dass ihnen das Wohl von Mädchen und Frauen aufrichtig am Herzen liegt, versuche ich hier noch einmal die Argumente abzuwägen. Dabei komme ich zu dem Schluss, dass der Gegenstand durchaus Kompromisse zuließe – wenn man bereit ist, den Begriff „Kind“ wörtlich zu nehmen, anstatt ihn zum Kampfbegriff zu machen.
„Unfreiheit kann man nicht verbieten, aber bekämpfen“ weiterlesen
Nein zu einem *generellen* Kopftuchverbot für Minderjährige. Ein Kommentar zu zwei Aufrufen
Heute erschien der Aufruf “Nein zu einem Kopftuchverbot für Minderjährige – eine migrationspädagogische Stellungnahme“, den ich unterzeichnet habe. In diesem Beitrag erläutere ich kurz, welche Kritikpunkte ich selbst an diesem Aufruf habe und warum ich ihn dennoch unterstütze. „Nein zu einem *generellen* Kopftuchverbot für Minderjährige. Ein Kommentar zu zwei Aufrufen“ weiterlesen