Rechter Ideologe und schlechter Soziologe. Alexander Gaulands Rede über Populismus und Demokratie gelesen als Theorie, Ideologie und politische Herausforderung

Im Oktober 2018 erregte Alexander Gauland mit einem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Aufsatz über Populismus einige Aufmerksamkeit – insbesondere, weil bald das Gerücht die Runde machte, er habe darin eine Rede Adolf Hitlers plagiiert. Dieser Verdacht ging vor allem auf eine starke Ähnlichkeit in der Argumentationsstruktur zurück: In beiden Texten wurden in durchaus ähnlichen Formulierungen örtlich verwurzelte Teile des Volkes gegen eine wurzel- und ortlose Minderheit ausgespielt, die überall und nirgends zu Hause sei. Weil sich solche Figurationen seit Jahrhunderten bei diversen rechten und konservativen Ideolog_innen finden, lässt sich auf dieser Basis freilich kein Plagiatsvorwurf aufrechterhalten – darüber, ob Gauland Hitler bewusst paraphrasierte oder ob es sich bei den Ähnlichkeiten um ein eher zufälliges Produkt handelt, das auf ideologischen Parallelen beruht, lässt sich nur spekulieren. Analoges gilt für die gut 40-minütige Rede, die Gauland am 19. Januar beim neurechten Institut für Staatspolitik in Schnellroda hielt und in der er die Argumentation aus dem faz-Artikel weiter ausbreitet.

Wenn man sich aber auf solche Argumente ad hitlerem begrenzt, übersieht man viele instruktive Aspekte von Gaulands Beiträgen. Daher schlage ich im Folgenden vor, seine Rede auf drei Weisen zu lesen: erstens als schlechte Soziologie und Politikwissenschaft, die zu widerlegen ist; zweitens als rechte Ideologie, die als solche auszuweisen ist; und drittens als strategische Herausforderung, auf die zu reagieren ist.

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Eine strukturschwache These. Oder: Warum es sich manchmal lohnt, Deutschlandkarten zu zerschneiden

Immer wieder liest und hört man, die AfD sei gerade “in strukturschwachen und abgehängten Regionen” insbesondere Ostdeutschlands stark – auch beim DVPW-Kongress in Frankfurt in der vergangenen Woche hörte ich die Formulierung mindestens zwei Mal. Bei genauerem Hinschauen erweist sich diese oft als selbstverständlich vorausgesetzte These als zweifelhaft: Betrachtet man Ost und West getrennt, ist die AfD gerade in relativ strukturstarken Regionen auffällig erfolgreich. „Eine strukturschwache These. Oder: Warum es sich manchmal lohnt, Deutschlandkarten zu zerschneiden“ weiterlesen

Interessenkonflikte sollten nicht verleugnet, sondern von links bearbeitet werden. Ein kurzer Nachtrag zu Lafontaines zynischer Wahlanalyse

Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht fordern im Namen der sozialen Gerechtigkeit und des Kampfes gegen die AfD, dass die Partei Die Linke eine restriktivere Linie in der Flüchtlingspolitik vertreten soll. Diese Forderung ist ohne Wenn und Aber zurückzuweisen. Dabei sollte der von beiden angesprochene Konflikt zwischen einer offenen Migrationspolitik und den Interessen von Teilen der Bestandsbevölkerung aber nicht naiv verleugnet, sondern von links bearbeitet werden.

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Petrys Optionen. Erste Überlegungen zu Frauke Petrys Ausstieg aus der Bundestagsfraktion

Ein paar vorläufige Gedanken, die sich wahrscheinlich größtenteils als falsch herausstellen.

Floris Biskamp

Frauke Petry steigt also mit erhobenen Mittelfingern aus der AfD-Bundestagsfraktion aus, nimmt ihr Mandat anscheinend mit, äußert sich aber nicht bezüglich ihres Parteivorsitzes oder ihrer Parteimitgliedschaft. Nachdem die Rechten ihr in Köln ihre Marginalität vorgeführt haben, ist das so ziemlich das letzte Power-Move, das ihr noch zur Verfügung stand, aber was jetzt?

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Immer noch: Gegen Bescheidwissen über Trump

Nach seinen Reaktionen auf die Ereignisse von Charlottesville liest man wieder einmal, nun habe Trump endgültig gezeigt, was er für einer ist; sein politisches Schicksal sei damit faktisch besiegelt. Genau dieses vorschnelle Bescheidwissen prägt die Debatte über Trump schon sein anderthalb Jahren. Ein Blick aus der linksliberalen Blase und ein Blick auf die eigene Routine wären hilfreich.

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