Warum man die AfD mittlerweile als faschistisch bezeichnen kann. Eindrücke vom Magdeburger Parteitag

Seit dem Wochenende, an dem ich Bundesparteitag und Europawahlversammlung der AfD in voller Länge verfolgt habe, ist mir wirklich flau im Magen.

Wenn es um die AfD ging, habe ich bisher auf das Attribut „faschistisch“ verzichtet, weil ich den Begriff zu oft für unterbestimmt, im Falle der Gesamtpartei AfD für nicht zutreffend und tendenziell für rhetorische Kraftmeierei hielt. Insbesondere waren mir der positive Bezug zu politischer Gewalt, die Betonung von militärischer Männlichkeit, der Wille zum Bruch mit der rechtsstaatlich-liberaldemokratischen Ordnung und die positive Darstellung der faschistischen Vergangenheit in der Gesamtpartei nicht hinreichend ausgeprägt.

Am Wochenende waren sie aber allesamt gängige Bestandteile des Parteidiskurses, ohne dass sie noch auf den geringsten Widerspruch gestoßen wären.

Bewerber:innen für die Listenplätze forderten ganz offen „millionenfache Remigration“ (Irmhild Boßdorf) oder meinten, dass Deutschland erst frei sein könne, wenn es keine „fremden Gruppen mehr“ gebe (Emil Sänze). Beides kann nichts anderes meinen als die gewaltsame Deportation von oder Mord an Millionen von Menschen.

Diverse Redner:innen forderten bei den allgegenwärtigen Aufrufen zur Verteidigung oder Errichtung einer „Festung Europa“ explizit zu rechtswidrigen Pushbacks auf, „egal was der Europäische Gerichtshof dazu sagt“ (Boßdorf).

Der „Ehrengast“ Kostadin Kostadinov von der rechtsextremen bulgarischen Partei „Wiedergeburt“ sprach am Freitag positiv über das Bündnis zwischen Nationalsozialismus und bulgarischem Faschismus im zweiten Weltkrieg und forderte dazu auf, dass Deutschland wieder Großmacht werden soll – „nicht nur in Europa“. Beides wurde von den Delegierten mit Szenenapplaus bedacht und eben diese Rede galt in den Folgetagen mehreren Rednern – darunter auch Spitzenkandidat Maximilian Krah – als positives Beispiel dafür, dass man ja auch noch offener und offensiver auftreten könne.

Sänze fand es in seiner Vorstellungsrede angemessen, sich darauf zu berufen, dass seine Mutter eine „holländische Kollaborateurin“ (dem Kontext nach eben mit den Nazis) war. Zudem diente Polen immer wieder als Feindbild (weil es Entschädigungen von Deutschland will und sich stark gegen Russland positioniert). Auch eine eigene deutsche Tradition, die gerade im Bündnis mit Moskau bedrückend ist.

Von den Personen, deren Reden den Anschein erweckten, dass sie sich irgendwie mit Sachkompetenz und Fachwissen in den legislativen Prozess einbringen wollten, hatte keine eine Chance. Gewählt wurde nur, wer die immergleichen Rechtsaußen-Talking-Points in möglichst drastisch kraftmeiernder Rhetorik vorbrachte:

– nationale Souveränität statt EU
– Migration zerstört nationale Identität und muss beendet werden
– Klimapolitik führt zu Deindustrialisierung
– „Gender“ gefährdet unsere Kinder
– der Westen ist schuld am Ukrainekrieg
– wir brauchen eine multipolare Weltordnung
– Corona war eine Verschwörung der Mächtigen
– Hetze gegen Muslim:innen, Queers, Grüne und viele andere Gruppen

Das eigentlich Schlimme ist aber nicht, dass es eine solche Partei gibt. Das eigentlich Schlimme ist, dass sie im zweistelligen Bereich normalisiert ist und es ihrem Erfolg keinen Abbruch tut, diesen Faschismus zu „entlarven“.

Man muss wohl vor allem die CDU darauf hinweisen, dass diese Partei keinerlei Absicht mehr hegt, Juniorpartner einer Mitte-Rechts-Regierung zu werden.